SEO bleibt weiterhin ein Buzzword des Social Media Marketings. Man hat davon gehört, man kennt die eine oder andere Begrifflichkeit. Aber so in die Tiefe gehend damit beschäftigt, hat man sich noch nicht. Und was hat das überhaupt mit Social Media zu tun? Wir haben deshalb mit Dajana Doskoc, SEO-Expertin & Digital Marketing Consultant, gesprochen.
Dajana: Ich würde hier gerne mit einem Beispiel beginnen: Brands und Unternehmen bewerben auf Social Media ihre Services, Produkte, Artikel zu spannenden Themen und so weiter. Im Endeffekt ist das übergeordnete Ziel, ihre Social Media-Community dazu zu bewegen, auf die Beiträge zu klicken, sich beispielsweise Artikel direkt am Blog durchzulesen, die neuesten Produkte im Webshop zu entdecken oder tatsächlich einen Kauf zu tätigen.
Zusammengefasst könnte man es so formulieren: Die User werden in sehr vielen Fällen (wobei das natürlich immer abhängig vom Kampagnenziel ist) von einem Social Media-Kanal auf eine Website oder zu einem Webshop weitergeleitet. Findet der User, der auf Facebook auf einen Beitrag geklickt hat, auf der Seite nicht zurecht, oder stimmen die Inhalte nicht mit dem überein, was im Facebook-Posting angeteasert wurde, dann wird er die Webseite vermutlich schnell wieder verlassen.
Dajana: Kurz gesagt: Negative User Experiences haben den Effekt, dass User z.B. das Produkt oder Service, für das sie sich interessieren, nicht kaufen oder beanspruchen, und führen in weiterer Folge auch zu einer kurzen Verweildauer bzw. bringen hohe Absprungraten auf der Seite mit sich. Im schlimmsten Fall verliert man den User bzw. Kunden komplett und die negative User Experience bleibt im Gedächtnis verankert. Der Aufbau und die Performance der Webseite spielt also eine große Rolle für den Erfolg von Social Media-Kampagnen.
Dajana: Suchmaschinenoptimierung – kurz SEO – kommt genau hier ins Spiel! Nehmen wir an: Ein Link führt von Social Media auf eine Landing Page, die durch qualitativ hochwertigen Content überzeugt, eine lange Verweildauer und niedrige Bounce-Raten aufweist. Google wertet all diese Faktoren als Qualitätsmerkmale. Das heißt dann auch, dass sich die Rankings in der organischen Suche, also in den Google-Suchergebnissen, verbessern können.
An dieser Stelle möchte ich unbedingt betonen, dass bei SEO nicht, wie häufig angenommen, die Suchmaschine im Vordergrund steht, sondern der Nutzer! Das bedeutet übersetzt, dass Webseiten in erster Linie an die Bedürfnisse der User angepasst werden müssen. Ein gutes Ranking stellt sich dann nach und nach automatisch ein, wenn diese Rahmenbedingungen erfüllt sind.
Dajana: Eines gleich vorweg: Social Media sollte auf jeden Fall in jeder SEO-Strategie berücksichtigt werden. Neben der On-Page-Optimierung der Webseite kann das Suchmaschinen-Ranking nämlich auch durch Off-Page-Maßnahmen optimiert werden. Es ist eben nicht damit getan, die Webseite technisch einwandfrei aufzusetzen und alle Textinhalte, Fotos und Videos zu optimieren. Social Media-Kampagnen können gezielt eingesetzt werden, um auf sich aufmerksam zu machen und die Webseiten-Performance zu pushen.
Dajana: Es geht heute nicht mehr darum, in nur einem Kanal gut zu performen und gute Rankings zu erzielen. Vielmehr muss man zahlreiche Kanäle gleichzeitig bespielen, Wechselwirkungen beobachten und dementsprechend Maßnahmen abstimmen und anpassen. Wir sprechen hier von
– Earned (Organic, Press Coverage),
– Paid (Paid Search, Ads) und
– Owned Media (Corporate Content).
Meiner Erfahrung nach ist es besonders wichtig, SEO nicht als „Wundermittelchen“ zu betrachten, sondern von Beginn an als Teil der Kommunikationsstrategie zu sehen. Das gleiche gilt natürlich auch für Social Media. Meine klare Empfehlung ist daher: On- und Off-Page-Maßnahmen müssen Hand in Hand gehen – und zwar von Anfang an. Was zum Beispiel helfen kann, ist ein kanalübergreifender Content Plan, der beispielsweise Events, Messen, Konferenzen, aber auch wichtige Feiertage beinhaltet. So können alle Maßnahmen gezielt aufeinander abgestimmt werden: SEO, SEA, Social Media, Newsletter, PR, etc. Das hilft dann natürlich auch bei der Interpretation der Kampagnen-Ergebnisse. Stichwort: Monitoring und Reporting sowie das richtige Verstehen der KPIs.
Dajana: Ganz einfach erklärt: Bei Backlinks handelt es sich um Verweise von einer Domain auf eine andere, also Links von einer Webseite auf eine andere Webseite. Man spricht hier auch von Inbound Links (= eingehende Links). Die Anzahl der Backlinks ist häufig ein Indiz für die Popularität oder Relevanz einer Webseite. Aber auch hier ist auf die Qualität der Backlinks zu achten. Ist ein Backlink vertrauenswürdig – kommt z.B. von einer „Trusted Domain“ – und themenrelevant, kann dieser einen starken Einfluss auf die Suchmaschinen-Rankings der verlinkten Webseite haben.
Dajana: Als „Social Signals“ werden Rückmeldungen von Nutzern bezeichnet, die über Social Media-Kanäle oder auch Blogs erfolgen. Wir sprechen hier von Likes, Shares oder Kommentaren.
Dajana: In diesem Zusammenhang spricht man immer noch vom sogenannten Link Building. Hierbei handelt es sich um den Prozess des Linkaufbaus innerhalb oder außerhalb der eigenen Webseite. Ich bevorzuge jedoch den Begriff Signal Building. Konkret geht es darum, ein Link-Netzwerk aufzubauen, das User zu meiner Seite führt. Was früher in hohem Maß betrieben wurde, ist heute jedoch mit viel Vorsicht zu genießen. Signal Building ist sehr zeitaufwändig und bedarf viel Vorwissen. Im Endeffekt ist es quasi Online-PR für die eigene Brand und muss gut durchdacht sein.
Dajana: Dieses Jahr hat es Google besonders spannend gemacht! Nach dem Core-Update im März wurde ein weiteres, großes Update für den Suchalgorithmus im Juni ausgerollt. Das jüngste Update ist BERT. Leider kommuniziert Google solche Updates nur in seltenen Fällen im Voraus, was uns die Arbeit manchmal etwas erschwert. Nichtsdestotrotz versuche ich meinen Kunden und Partnern die Angst zu nehmen: Es gibt durchschnittlich 500–600 Google Updates pro Jahr.
Die meisten davon sind technischer Natur und werden von Usern und Unternehmen kaum wahrgenommen. Andere, wie eben die großen Core-Updates dieses Jahr, zielen konkret auf die Qualität der Inhalte ab. Google versucht laufend die Qualität der dargebotenen Inhalte zu verbessern und die Webseitenbetreiber u.a. durch solche Updates zu animieren, sich besonders auf die Erstellung von qualitativ hochwertigem Content zu konzentrieren. Denn auch hier gilt die Devise: Webseiteninhalte sollten in erster Linie immer auf User-Bedürfnisse abgestimmt sein.
Dajana: BERT steht abgekürzt für „Bidirectional Encoder Representations from Transformers“. Es handelt sich hier um ein Natural Language Processing Update. Für den Google-Algorithmus ist das Update ein Riesenschritt: „Der größte Sprung nach vorne innerhalb der vergangenen fünf Jahre“, wie sie auf ihrem eigenen Blog angekündigt haben.
Bislang erfasste der Algorithmus die Wörter in der eingetippten Reihenfolge. BERT kann jetzt aber die Such-Phrasen bzw. Sätze oder Fragen auf eine neue Weise interpretieren und dadurch ganz neue Zusammenhänge herstellen. So wird nun jedes Wort mit jenem abgeglichen, das davor und danach kommt. Das könnte z.B. insbesondere für Anfragen relevant sein, die eine Negation enthalten. Mit seiner neuen Interpretationsweise kommt BERT dem deutlich näher, was Google-Nutzer tatsächlich suchen. Das soll vor allem Usern bei der Bedienung von Google helfen und die Qualität sowie Relevanz der Suchergebnisse massiv verbessern. Es wird spannend zu beobachten, wie die Erfahrungen, die Google mit BERT gerade vor allem im englischsprachigen Raum sammelt dann auch auf andere Sprachen umgelegt werden.
Dajana: Es bleibt wie immer spannend, da Google sehr wenig bis gar nichts an die Öffentlichkeit durchsickern lässt. Nachdem die großen Updates dieses Jahr aber in 3-Monats-Abständen gelauncht wurden könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass im Dezember 2019 noch etwas passieren wird oder aber gleich Anfang kommenden Jahres. Eines kann man aber auch jetzt schon mit Sicherheit sagen: Die Qualität des Content wird weiterhin eine große Rolle spielen – und das betrifft Websites und Social-Media-Inhalte gleichermaßen!
Bacon & Bold: Vielen Dank für das spannende Gespräch und die Einblicke!
Dajana: Ich danke euch für die Einladung!
Das Interview führte Julia Daschütz für Bacon & Bold.
Dajana Doskoc ist Expertin für Suchmaschinenoptimierung (SEO). Zwischen 2012 und 2017 war sie unter anderem für die Wiener SEO-Agentur Improove GmbH & Co KG sowie die Digital Einheit der Serviceplan Gruppe, Plan.Net Austria, tätig. Als Senior SEO & Digital Marketing Consultant betreute sie dort nationale und internationale Großkunden wie A1 Telekom, Carglass Austria, Motorola Austria, Red Bull, simpliTV, Tourismusverband pitztal und VAMED Vitality World. Seit Herbst 2017 ist Dajana selbstständig und arbeitet unter anderem eng mit Partnerunternehmen wie jobiqo GMBH, Huangart | digital branding sowie Bacon & Bold zusammen. Sie unterstützt ihre Kund:innen bei der Entwicklung holistischer digitaler Kommunikationsstrategien und ist auf SEO spezialisiert.
Die meiste Werbung fokussiert sich auf eine Eigenschaft, die das Produkt von der Konkurrenz abhebt. Die Wissenschaft zeigt, dass ein anderer Faktor viel wichtiger ist.
Mit unzähligen gleichzeitig relevanten Social Media Kanälen wird es immer wichtiger, klar zu priorisieren. Wir sehen uns an was die beste Vorgehensweise dafür ist.
Leider wird Facebook Werbung von vielen Mediaagenturen noch immer sehr stiefmütterlich und wie klassische Display Werbung behandelt.